Oberschwingungen verstehen und vermeiden

Eine kurze Geschichte der elektrischen Energieversorgung

Ende des 19. Jahrhunderts führte die steigende Nachfrage nach elektrischer Energie zu der Notwendigkeit einer öffentlichen Stromversorgung. Der Konflikt zwischen den beiden Konzepten „Wechselstrom“ und „Gleichstrom“ führte um 1890 zum „war of currents“. Beide Technologien wurden gefördert und installiert, aber schließlich unterlagen die Unterstützer der Gleichspannungstechnologie unter der Leitung von Thomas A. Edison und der „Krieg“ wurde von den Befürwortern der Wechselspannungstechnologie gewonnen. Der Sieg wurde vor allem dadurch gesichert, dass mit Hilfe von Transformatoren Energie über weite Strecken übertragen werden konnte. George Westinghouse erkannte diesen Vorteil der Wechselspannung und erwarb von Lucien Gaulard und John Gibbs die Patentrechte des Transformators (1885 als „sekundärer Generator“ bezeichnet) und der Sieg des Wechselstroms nahm seinen Lauf. Während des „war of currents“ diente die Elektrizität hauptsächlich zur Versorgung von linearen Lasten, wie Lichtversorgung und einfachere elektrische Maschinen. Daher waren die Nachteile des Wechselstromes nicht vorhersehbar. Mit dem weltweit stark zunehmenden Anstieg von Halbleiter- und anderen nichtlinearen Lasten stehen wir nun vor der Herausforderung, unsere Wechselstromversorgung sauber zu halten oder jedenfalls so sauber wie es nötig ist, um einen störungsfreien Betrieb zu ermöglichen.

Elektrische Lasten, bei denen der Strom nicht proportional zur Spannung ist, werden als nicht-lineare Lasten bezeichnet. Lineare Lasten sind rein sinusförmig und entweder ohmsch, induktiv oder kapazitiv. Um den Unterschied zwischen linearen und nichtlinearen Lasten zu verifi zieren, beachten Sie bitte die Abbildung unten.

Die in den Abbildungen 1.2 und 1.3 dargestellten Lasten sind zumindest in dieser vereinfachten Grafi k rein sinusförmig. Der Leistungsfaktor entspricht hier dem Verschiebungsfaktor (cos(φ)). Im englischen Sprach-gebrauch wird häufi g der Leistungsfaktor (power factor pf) dem Verschiebungsfaktor gleichgesetzt, dabei bezieht sich der Verschiebungsfaktor grundsätzlich nur auf die Grundfrequenz. Daher ist dieser Gebrauch irreführend und in der Literatur wird häufi g der Zusatz „true“ hinzugefügt, um Missverständnisse zu ver-meiden.

pf und df (displacement factor oder cos(φ)) können also nur denselben Wert haben, sofern alle Elemente rein sinusförmig sind. In einer realen Anwendung fi ndet dies nicht statt, was später erläutert wird. Die falsche Verwendung von pf für df führte zu der missverständlichen Bezeichnung „Power Factor Correction Filter (PFC) oder Leistungsfaktorkorrekturfi lter. Ein schlechter Leistungsfaktor kann also nicht zwangsläufig durch den Einsatz eines solchen Filters behoben werden, denn hier wird ausschließlich die Grundfrequenz behandelt. Grundsätzlich unterscheiden wir verschiedene Arten von Netzverzerrungen:

Dieses Dokument konzentriert sich auf die Oberschwingungsverzerrung durch nicht lineare Lasten, hierbei insbesondere die, die durch Frequenzumrichter verursacht werden. Maßnahmen zur Oberschwingungsbedämpfung wirken sich in der Regel auch positiv auf andere Arten der Netzverzerrung aus.

Idealerweise sind alle elektrischen Lasten und Quellen rein sinusförmig. Leider ist die tatsäch-liche Wellenform der meisten Geräte deutlich abweichend. Nichtlineare Lasten wie z.B. der Eingangsstrom eines 6-Puls Frequenzumrichters (siehe Abbildung 1.4) verursachen eine Ver-zerrung der Netzspannung. Diese Verzerrung wird international typischerweise durch den Total Harmonic Distortion THD bewertet. In der Antriebstechnik ist mit THD typischerweise der Be-reich bis zur 40. oder 50. Oberschwingung gemeint, mathematisch ist der THD jedoch nicht auf diese Frequenzen begrenzt und für andere Anwendungsfälle z. B. in der Audiotechnik können andere Definitionen sinnvoll sein.
Um die Oberschwingungsverzerrung zu bewerten, müssen wir zunächst die Oberschwingungen aus mathematischer Sicht betrachten. Eine Oberschwingung ist im Wesent-lichen eine Schwingung, deren Frequenz ein ganzzahliges, vielfaches der Grundfrequenz ist ( n. Oberschwingung = n • f). Für die in Europa gebräuchlichste Spannungsversorgung (50Hz) bedeutet dies also:

2. Obersch. = 100Hz 7. Obersch. = 350Hz 12. Obersch. = 600Hz 17. Obersch. = 850Hz
3. Obersch. = 150Hz 8. Obersch. = 400Hz 13. Obersch. = 650Hz 18. Obersch. = 900Hz
4. Obersch. = 200Hz 9. Obersch. = 450Hz 14. Obersch. = 700Hz 19. Obersch. = 950Hz
5. Obersch. = 250Hz 10. Obersch. = 500Hz 15. Obersch. = 750Hz 20. Obersch. = 1000Hz
6. Obersch. = 300Hz 11. Obersch. = 550Hz 16. Obersch. = 800Hz

Die Fourier-Transformation zerlegt eine Funktion der Zeit in ihre einzelnen Frequenzen. Dies bedeutet, dass jedes periodische Signal eine Funktion ist, die in einzelne Oberschwingungen unterteilt werden kann. Die nachstehende Tabelle hilft, das Prinzip zu verifizieren.

Dies bedeutet auch, dass es aus mathematischer Sicht möglich ist, jedes periodische Signal zu erzeugen, indem Oberschwingungen unterschiedlicher Ordnung, Phase und Amplitude addiert werden.

Wie in Abbildung 1.4 ersichtlich, ist die Eingangsstromform eines typischen 6-Puls Frequenzumrichters trotz Verdrosselung weit entfernt von der reinen Sinusform. Die Eingangsstromform eines Antriebs ohne Induktivität ist noch deutlich schlechter. Obwohl es viele verschiedene Ursachen für Oberschwingungs-verzerrungen gibt, wird ein großer Teil von Frequenzumrichtern verursacht. Die folgenden Seiten konzent-rieren sich deshalb auf Lösungen für Antriebe. Wenn im Zusammenhang mit elektrischer Energieversorgung und elektrischen Geräten von Oberwellen gesprochen wird, bezieht sich dies auf die Oberwellenverzerrung zwischen der 2. und 40. bzw. 50. Harmonischen (bei einer 50 Hz-Versorgung entspricht dies 100Hz – 2 kHz bzw. 2,5 kHz). Dieser Frequenzbereich unterliegt unterschiedlichen Normen und Empfehlungen für Ober-wellen und diese Normen werden wahrscheinlich sehr bald auf die Frequenz von 2 kHz bis 9 kHz erweitert.
Eine absolut symmetrische dreiphasige Versorgung vorausgesetzt, verursacht ein 6-Puls Gleichrichter-eingang keine Oberschwingungen gerader Ordnung (2, 4, 6…), sowie keine die ein Vielfaches von 3 sind. Im Bereich 2.– 40. Oberschwingung schließt dies also jede Oberschwingung mit Ausnahme der folgenden zwölf aus: 5., 7., 11., 13., 17., 19., 23., 25., 29., 31., 35., 37. Aus diesem Grund fi nden diese Oberschwingungen in Normen und Empfehlungen besondere Beachtung. In der Realität ist natürlich keine Energieversorgung wirklich symmetrisch, daher verursachen die Gleichrichter Oberschwingungen im gesamten Spektrum, wobei die oben genannten typischerweise am stärksten betroff en sind. Eine hohe Verzerrung der Oberschwingungen gerader Ordnung ist ein Hinweis auf eine Asymmetrie im Netz. Starke Verzerrung der 3. Oberschwingung und dessen vielfache weist auf eine starke Belastung durch einpha-sige Gleichrichter hin.
Die Oberschwingungsverzerrung wird durch den Total Harmonic Distortion (THD) oder Total Demand Dis-tortion (TDD) ausgedrückt, die jeweils nach Strom- und Spannungsverzerrung getrennt sind.

Die Gesamtverzerrung des Stromes (THDi) ist in der Antriebstechnik die am häufigsten verwendete Bewertung für die Oberschwingungsverzerrung. Die Berechnung basiert meist auf der Summe aller Oberschwingungsströme bis zur 40.

Diese Bewertung wird für viele Normen verwendet und zeigt im Wesentlichen die Oberschwingungsströme in Relation zum Grundstrom. Die Spannungsverzerrung wird als THDv bezeichnet und berechnet sich analog, wobei jedoch die Spannungsamplitude anstelle der Stromamplitude verwendet wird.

Grundsätzlich ist der THD eine gute Bewertung der Oberschwingungsverzerrungen, er ist jedoch nicht ausreichend um eine vollständige Bewertung der durch Oberschwingungen verursachten Probleme abzugeben. Ein Grund dafür liegt in der folgenden Korrelationen für Induktivität:

Die Impedanz einer Induktivität hängt also von der Frequenz des Signals ab. Dies bedeutet, dass höhere Frequenzen kaum übertragen werden können und die Energie des Signals demnach in der Induktivität in Wärme umgewandelt wird. Daher sind Geräte wie Transformatoren und andere Induktivitäten empfindlich gegenüber hochfrequenten Störungen und eine starke Belastung durch Oberwellen kann zu einer Überlastung eines Transformators führen, obwohl dieser unterhalb der Nennleistung betrieben wird.

Dieser Zusammenhang zeigt, dass der THD die durch Oberwellenströme verursachten Effekte nicht ausreichend beschreibt, denn der THDi beschreibt ausschließlich die Summen aller Oberschwingungen. Zum Beispiel: Wenn wir eine 100A Oberschwingung auf der 5. Oberschwingung vergleichen (I5 = 100A) mit einer Oberschwingung 100A auf der 37. Harmonischen (I37 = 100A), dann haben diese Ströme den gleichen Effekt auf den THDi Wert. Die durch I37 verursachte Verlustleistung in einem Transformator wäre jedoch signifikant höher.

Normalerweise ist die durch ungesteuerte Gleichrichter erzeugte Verzerrung zwar niedriger bei den höheren Oberschwingungen, aber aus diesem Grund beachten Normen und Empfehlungen nicht nur den gesamt THD Wert, sondern auch die individuellen Oberschwingungen. Eine übliche Bewertung für höhere Oberschwingungen ist der Partial Weighted Harmonic Distortion (PWHD), dieser wird in verschiedenen Normen und Empfehlungen zur Bewertung der höheren Oberschwingungen herangezogen, denn hier werden ausschließlich Oberschwingungen von 14. bis zur 40. betrachtet. Die folgende Berechnung zeigt die Berechnung des PWHD für den Strom, wobei die Berechnung der Spannungsverzerrung identisch ist, sich jedoch auf die Spannungsamplitude bezieht.

In den meisten gängigen Normen, insbesondere in verschiedenen Teilen der IEC 61000 und EN 50160 werden die Oberschwingungen mit Hilfe des THD und PWHD bewertet. Der Standard IEEE 519-2014 „Empfohlene Praktiken und Anforderungen für die Oberwellensteuerung in Starkstromanlagen“, enthält Empfehlungen für den Umgang mit Oberschwingungen und verwendet eine leicht abweichende Form der Oberwellenbewertung.

Auf den ersten Blick mag diese Gleichung dem THDi sehr nahekommen. Der Unterschied liegt hier im Nenner, wo anstelle von I1 , IL verwendet wird. Die Definition besagt, dass sich sowohl I1 als auch IL auf den Grundschwingungsstrom beziehen, wobei die IEEE den IL wie folgt definiert: “This current value can be established at the PCC and should be taken as the sum of the currents corresponding to the maximum demand during each of the twelve previous months divided by 12.“ Aufgrund von gelegentlicher kurzzeitiger Überbelastung der Systeme führt dies normalerweise zu niedrigeren TDD bei Nennlast im Vergleich zum THDi. Siehe hierzu Abbildung 1.
Grundsätzlich wird die Spannungsverzerrung durch die Amplitude eines Oberschwingungsstroms verursacht, nicht durch den prozentualen Wert des Arbeitspunktes. Antriebe zeigen mit zunehmender Belastung ansteigende Oberschwingungsströme, auch wenn der THDi (in %!) im Teillastbetrieb signifikant höher ist. Der TDD bezieht sich grundsätzlich auf den maximalen Strom und berücksichtigt so den Arbeitspunkt. Das folgende Diagramm zeigt die Gegenüberstellung zwischen TDD und THD bezogen auf den Eingangsstrom eines Frequenzumrichters mit dem Passiven Oberschwingungsfilter RHF.

Hier wird die Benutzerfreundlichkeit des TDD deutlich, denn wenn man sich vorstellt, das obige Diagramm zeige nur den THDi, könnte ein noch unerfahrener Benutzer leicht annehmen, dass die Oberschwingungsverzerrung bei 18% Motorlast am schlechtesten ist. Die TDD-Kurve zeigt jedoch, dass die größte (absolute) Verzerrung bei 120% Last liegt.

Die Messung von Oberschwingungskomponenten ist sehr komplex, aber Netzqualitätsmessgeräte wie z.B. ein Leistungsanalysator können die Oberschwingungskomponenten messen und ihnen THDi– und THDv-Werte anzeigen. Bei einigen wenigen Geräten werden auch die PWHD-Werte angezeigt. Das Messgerät kennt jedoch in der Regel nicht IL, wie sie von der IEEE definiert wird, denn dieser ist ein historischer Wert. Daher können herkömmliche Leistungsanalysatoren den TDD nicht anzeigen.

Der TDD kann jedoch bei bekanntem IL aus dem THDi und den I1 des Arbeitspunktes errechnet werden. Im Zweifelsfall kann jedoch grundsätzlich angenommen werden, dass der TDD immer niedriger oder gleich THD-Wert ist.

Grundsätzlich ist die Verzerrung des Stroms kein wesentliches Problem für die Ausrüstung selbst, aber der nicht sinusförmige Strom verursacht eine Rückwirkung auf das Netz und verzerrt somit die Netzspannung. Diese Verzerrung wiederum wirkt sich auf die angeschlossenen Geräte aus. Die Auswirkungen der Spannungsverzerrung sind vielfältig. Der typischste Effekt ist sicherlich die Überhitzung von Bauteilen wie Transformatoren oder Kompensationsanlagen. Eine noch eher unterschätzte Auswirkung von Oberschwingungen, ist die deutlich verringerte Lebensdauererwartung von elektrischen und mechanischen Geräten.

Die häufigsten Probleme im Zusammenhang mit harmonischer Verzerrung sind unten aufgeführt:

Transformatoren und Kompensationsanlagen
Erhöhte Verlustleistung:

(↑ frequency = ↑ Impedance)
Niedrigere Leistung! Geringere Lebenserwartung! Geringere Effizienz! Transformatoren und Kompensationsanlagen müssen überdimensioniert werden, um nicht durch die Oberschwingungsströme überlastet zu werden.


Elektronische Bauteile
Erhöhte Verlustleistung und dadurch signifikant niedrigere Lebenserwartung.

Geräteausfall → Datenverlust, Produktionsausfälle, Anlagenkosten.

Falsche Interpretation von Signalen → Sehr schwierige Fehler-
behebung → langer Produktionsstillstand


Motoren und Generatoren (DOL – ohne Umrichterbetrieb)
Die Oberschwingungen werden in den Motor- bzw. Generatorinduktivitäten in Verlustleistung umgesetzt. Die Effizienz und Lebenserwartung von Motoren die in ein stark verzerrtes Netz betrieben werden, wird um ein vielfaches reduziert! Desweiteren werden Oberschwingungen in Vibrationen an der Welle umgesetzt und beschädigen so die gesamte Mechanik.


Gesamtwirkungsgrad / Systemwirkungsgrad
Der Wirkungsgrad von Anlagen wird erheblich durch die Oberschwingungsbelastung beeinflusst. Zuleitungen, elektronische Komponenten, Kompensationsanlagen und Induktivitäten jeglicher Art verursachen deutlich höhere Verluste.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen passiven und aktiven Maßnahmen.

Die grundlegendste Lösung zur Oberschwingungskompensation ist der Einsatz einer Induktivität. Diese kann netzseitig oder DC-seitig eingesetzt werden und ist nicht selten bereits vom Hersteller vorinstalliert. Die Reduzierung der Oberschwingungen ist jedoch eher grundlegender Art, denn hier wird der THDi typischerweise von >100% auf 35-45% THDi begrenzt. In diesem Dokument wird daher die Drossel nicht als Lösung betrachtet. Zur echten passiven Lösungen gehören Schaltungen von L und C (ggf. und auch R). Qualität und Performance sind je nach Hersteller sehr unterschiedlich.

Aktive Lösungen sind aktive Schaltelemente, in den meisten Fällen IGBT Schaltungen, die immer in Kombination mit einem LCL Filter eingesetzt werden müssen.

Aus Hardware-Sicht sind „Active Front Ends“ (AFE) und „Low Harmonic-Drives“ (LHD) normalerweise identisch, wobei das AFE hier die Energieflussrichtung zum Netz zulässt. Diese Funktion ist in der Regel für einfache Installationen wie Pumpen und Lüfter unbrauchbar, daher werden bei „LHD“ die Rückspeisefunktionen deaktiviert.

Tatsächlich wird das „Low Harmonic Drive“ von verschiedenen Herstellern unterschiedlich spezifiziert. Einige Hersteller nutzen diese Bezeichnung bereits für einen 6-Puls Standardfrequenzumrichter mit interner Induktivität, einige nutzen aktive Schaltelemente und andere wiederum verwenden ein internes Passivfilter. Beim Vergleich von „LHDs“ muss daher auf das interne Setup und das resultierende THDi geachtet werden. Zudem ist es ratsam auf den Wirkungsgrad zu achten, da es hier signifikante Unterschiede von bis zu 2,5%! geben kann.

Das folgende Bild zeigt einen vereinfachten Aufbau der gebräuchlichsten Lösungen zur Oberschwingungsreduzierung.

Passive Oberschwingungsfilter sind unterschiedliche Schaltkreise von Induktivitäten, Kondensatoren und leider auch oft Wiederständen. Qualität und Leistung hängen stark vom verwendeten Hersteller ab. Oberschwingungswerte <3% THDi sind möglich, können jedoch nicht garantiert werden. Die typische Nennperformance ist <5% oder <10% THDi. Passive Oberschwingungsfilter sind sehr einfach und in der Regel die beste Wahl für die eine Oberschwingungsreduzierung. Es gibt jedoch je nach internem Aufbau erhebliche Unterschiede, daher ist es essentiell, die folgenden Eigenschaften zu beachten:
1. Effizienz (dies sollte so hoch wie möglich sein: bei > 100 A mindestens 99% Effizienz).
2. Zwischenkreisspannung des Umrichters (das Filter sollte bei Nennlast keinen Spannungs-
abfall im Zwischenkreis verursachen).
3. Kleingedrucktes (stellen Sie sicher, dass die angegebene Performance auch unter realistischen
Bedingungen erreicht werden kann und nicht nur im Labor).

Active-Front-Ends und Low Harmonic-Drives sind meist Geräte mit aktiven Schaltelementen im Eingang. Dadurch ist es möglich die Oberwellen des Eingangsstroms stark zu begrenzen und somit eine nahezu sinusförmige Stromform zu erreichen. Die Hersteller erreichen unterschiedliche Performances. Grundsätzlich können THDi Werte von 3–5% erreicht werden. Diese Technologie wird immer mit einer LCL-Filterkomponente kombiniert. Leider bringt die hohe Schaltfrequenz dieser Technologie zwei wesentliche Nachteile mit sich:
1. Die Effizienz des Systems ist deutlich schlechter als bei anderen Lösungen (normalerweise
um 1,5-3% höhere Verlustleistung).
2. Die Technologie liefert ein sauberes Signal auf den Oberwellen bis zu 40 oder 50. Jedoch
werden hierbei neue Oberschwingungen im Frequenzbereich 50. bis zur 200 injiziert.
(Die Verzerrung in diesem Frequenzbereich verursacht bereits Probleme und wird in Kürze
durch internationale Standards geregelt werden).

Aufgrund dieser Nachteile wird nicht empfohlen, diese Technologie einzusetzen, insbesondere nicht zur reinen Oberschwingungskompensation.

Einige Hersteller haben diesen Nachteile erkannt und verwenden interne aktive oder passive Oberwellenfilter, die eine deutlich bessere Effizienz präsentieren.

Aktive Oberschwingungsfilter sind parallele Filterschaltungen, die in Ihrer Hardwaretopologie ähnlich der Aktive Front End Technologie sind. Diese injizieren Oberwellen ins Netz mit einer Phasenverschiebung von 180° um so die ursprüngliche Oberschwingung zu kompensieren.

Die nachstehende Tabelle hilft, das Prinzip zu verifizieren.

Bei Verwendung eines hochwertigen Aktivfilters liegt der Wirkungsgrad des Filters typischerweise bei 97%. Auf den ersten Blick mag dies niedrig erscheinen, aber für das System bedeutet dies, dass es fast so gut ist wie ein passives Oberschwingungsfilter ist. Der Grund dafür liegt in der Topologie: Bei einer Last von 1000 A mit einem THDi von 35% ist der Kompensationsstrom etwa 1000 A • 30% = 300A (vereinfachte Schätzung des Oberschwingungsstroms). Dies bedeutet, dass das Aktive Oberschwingungsfilter nur für 300A dimensioniert werden muss. Passive Harmonische Filter und Active Front End-Technologie sind hingegen für den Gesamtstrom von 1000 A auszulegen. Bei einem THDi-Wert von 35% führt dies also zu einem Systemwirkungsgrad von ~ 99%.

Die Investition für eine aktive Filterlösung ist in der Regel höher als für eine passive Filterlösung. Wenn Sie jedoch einen zentralen aktiven Filter anstelle vieler kleiner passiver Filter verwenden, könnte dies nach Berücksichtigung aller Installationskosten trotzdem die richtige Wahl sein. Die „beste Lösung“ gibt es pauschal also nicht. Die beste Wahl ist letztlich systemabhängig.

Insbesondere Hersteller oder Anbieter, die beide Lösungen im Portfolio haben, können hier in der Regel eine zielführende Berechnung anstellen um die technisch und kommerziell beste Systemlösung anzubieten.

In Bezug auf die harmonische Verzerrung, sind die von den Energieversorgern angegebenen Grenzwerte (je nach Gebiet) recht hoch. Daher wird empfohlen, die IEEE 519:2014 „empfohlene Praktiken und Anforderungen für die Oberwellensteuerung in Starkstromanlagen“ als Referenz für die Auslegung neuer Anlagen zu verwenden. Diese Richtlinie ist sehr anwenderfreundlich und gibt eine gemäßigte Empfehlung für die Erhaltung der Spannungsqualität ab, daher empfiehlt es sich z.B. für Ausschreibungen auf diese zu verweisen.

Wichtig ist hierbei, dass der Verweis sich auf das gesamte System bezieht und nicht auf die einzelnen Komponenten, demnach die Frequenzumrichter. Denn hierdurch wird verhindert, dass die beste Systemlösung angeboten werden kann und verursacht somit unnötige Kosten. Denn insbesondere Systeme die einen breiten Leistungsbereich abdecken, profitieren von einer Kombination aus passivem und aktivem Oberschwingungsfilter. Teilweise kann auch bei kleineren Leistungen gänzlich auf Maßnahmen zur Oberschwingungsreduzierung verzichtet werden, wenn im Gegenzug bei den größeren Leistungen Filter mit besserer Performance eingesetzt werden. Für alle Anwendungen mit besonders hoher Einschaltdauer wie typischerweise Pumpen und Lüfter, ist es zudem essenziell nicht nur die Performance der Lösung sondern auch dessen Effizienz zu beachten. Daher wird grundsätzlich empfohlen:

Lösungen zur Oberschwingungsreduzierung für Frequenzumrichter mit einem Eingangsnennstrom <100 A müssen einen Wirkungsgrad von > 98% haben.
Lösungen zur Oberschwingungsreduzierung für Frequenzumrichter mit einem Eingangsnennstrom >100 A müssen einen Wirkungsgrad von > 99% haben.
Insbesondere Lösungen die eingangsseitig auf aktive Schaltelemente setzen, die sog. Active-Front-Ends, weisen einen deutlich niedrigeren Wirkungsgrad auf und sind daher für die Oberschwingungsreduzierung nicht geeignet.

Beim Einsatz von passiven Oberschwingungsfiltern sollte eine Schaltung verwendet werden, die keine Reduzierung der Zwischenkreisspannung verursacht, denn dies verringert wiederum die Effizienz des Umrichters selbst. Die Lebensdauer eines passiven Filters sollte mindestens 10–15 Jahre betragen und sollte vom Hersteller bestätigt werden können.
Um eine qualifizierte Bewertung nach IEEE519:2014 abzugeben, wird die verfügbare Kurzschlussleistung des Anschlusspunktes benötigt (siehe folgendes Kapitel). Ist diese nicht bekannt, muss der Anbieter von einem minimalen Verhältnis ausgehen, was wiederum erhebliche Mehrkosten verursachen kann.

Die Oberschwingungsströme einzelner Verbraucher verursachen Rückwirkung auf die Netzspannung. Die genaue Herleitung ist für dieses Dokument zu komplex, aber grundsätzlich ist es essentiell zu verstehen, dass ein Oberschwingungsstrom gleicher Größe in Abhängigkeit von der Netzimpedanz unterschiedliche Oberwellenverzerrungen der Spannung verursacht. Als Beispiel können Sie sich einen unbelasteten Generator mit 100 kVA Nennleistung und einer Leerlauf Netzverzerrung von 2% THDv vorstellen.

Wenn Sie hier einen Frequenzumrichter mit 35% THDi anschließen, führt dies zu einer Verzerrung der Spannung auf beispielsweise 3% THDv (der tatsächliche Wert ist natürlich von der Nennleistung des Umrichters abhängig). Ist derselbe Frequenzumrichter nun an einem 200kVA-Generator mit der gleichen Leerlauf Netzverzerrung angeschlossen, so ist der resultierende THDv deutlich besser, also zwischen 2% und 3%. Die genaue Berechnung ist sehr komplex, aber entscheidend ist: wenn die Netzspannung schwach ist, sprich wenn die Kurzschlussleistung im Verhältnis zur Systemleistung niedrig ist, ist der durch einen Oberschwingungsstrom verursachte Effekt auf die Netzspannung höher als bei einem sehr starken Netz. Dies wird in nahezu allen Normen und Empfehlungen berücksichtigt. In der IEEE 519:2014 finden Sie daher folgende Tabelle:

Maximum Harmonic Current Distortion in Percent of IL
Individual Harmonic Order (Odd Harmonics)
ISC /IL <11 11≤h<17 17≤h<23 23≤h<35 35<h TDD
<20 4.0 2.0 1.5 0.6 0.3 5.0
20<50 7.0 3.5 2.5 1.0 0.5 8.0
50<100 10.0 4.5 4.0 1.5 0.7 12.0
100<1000 12.0 5.5 5.0 2.0 1.0 15.0
>1000 15.0 7.0 6.0 2.5 1.4 20.0

Die erforderliche Oberschwingungsperformance ist demnach niedriger für ein niedrigeres Verhältnis von Kurzschlussstrom zu maximalem Laststrom. Normen wie die IEC 61000 nutzen eine nur geringfügig abweichende Bewertung, die als RSCE bezeichnet wird

Wenn dieses Verhältnis nicht bekannt bleibt, muss das kleinstmögliche Verhältnis angenommen werden. Dies könnte die Investition in Maßnahmen zur Oberschwingungsreduzierung unnötig erhöhen. Sequ entspricht der Nennleistung und ist in der Regel bekannt. Die genaue Berechnung von SSC ist jedoch deutlich komplexer.

Der zur Lösung der Bewertung fehlende Wert ZSC ist die Impedanz des Netzes. Grundsätzlich sollte der Energieversorger in der Lage sein, Ihnen Informationen zum MS Anschlusspunkt zu geben. Zusätzlich benötigen Sie Informationen zum verwendeten Transformator und die installierten Versorgungsleitungen.

Für kurze Niederspannungskabellängen und starke Mittelspannungsversorgung kann die gesamte Versorgungsimpedanz ZSC als die Transformatorimpedanz angenommen werden. Diese ist normalerweise durch die Kurzschlussimpedanz uk vorgegeben. z.B. Transformator: uk = 4,1%, ST = 1 000 kVA

Diese stark vereinfachte Berechnung muss mit Vorsicht verwendet werden, denn wenn die Mittelspannungsimpedanz hoch ist oder besonders lange oder dünne Niederspannungsleitungen verlegt sind, haben diese ein signifikanten Einfluss auf die Gesamtimpedanz. Ein als zu stark angenommenes Netz führt jedoch im Bezug auf die IEEE 519:2014 stets zur Einhaltung der geforderten Werte; die Kosten können hierbei jedoch unnötig hoch sein.

Ziel dieses Leitfadens ist eine kurze Einführung in das Thema Oberschwingungen zu geben. Daher werden einige Themen stark vereinfacht, um den Fokus auf das Wesentliche zu lenken. Bei diesem Druck handelt es sich um die erste deutsche Ausgabe. Verbesserungs- oder Korrekturvorschläge können an info@revcon.de gesendet werden. Seit über zwei Jahrzehnten ist Revcon nun im Bereich der Antriebstechnik tätig und steht für Innovation, Vielseitigkeit und Leistungsstärke.

Unsere Produktpalette beinhaltet umfangreiches Zubehör für die Antriebstechnik wie beispielsweise:

  • Rückspeiseeinheiten
  • Front Ends (Ein- und Rückspeiseeinheiten)
  • Passive und Aktive Oberschwingungsfilter
  • Gleichstromsteller (Hoch- und Tiefsetzsteller)
  •  Wechselrichter
  • und viele kundenspezifische Lösungen

Unsere Komponenten finden Anwendung in vielen Bereichen der Antriebstechnik und Automatisation sowie der erneuerbaren Energien; so unter anderem in der Hebe-Fördertechnik, Aufzugsindustrie, in Motorenprüfständen, in Rolltreppen und Windkraftanlagen.

Durch die enge Zusammenarbeit mit den führenden Herstellern in der Antriebstechnik, können die
REVCON Produkte mit allen Frequenzumrichtern eingesetzt werden. REVCON hat eine Kooperation mit nahezu allen namhaften, marktführenden Herstellern und unsere Produkte werden auf Wunsch auch brandgelabelt geliefert. Neben einem sehr einfachen und zuverlässigem Konzept, ist einer der größten Vorteile von REVCON, sich den Kundenwünschen schnell und effizient anzupassen. Somit können wir unseren Kunden individuelle Lösungen zu einem wettbewerbsfähigen Preis anbieten!